Neues Buch „Brandgefährlich“

buchcoverGemeinsam mit Markus Nierth, dem zurückgetretenen Ortsbürgermeister von Tröglitz, habe ich seine Geschichte aufgeschrieben. Eine Geschichte, in der so viel vorkommt: Hetze im Netz,  die NPD, die die „normalen“ Bürger anstachelt, Politiker und Beamte, die feige reagieren, Medien, die retten oder nerven, und vieles mehr, was in den letzten Jahren in Deutschland dazu führte, dass die AfD erfolgreich ist und Flüchtlingsheime brennen. Eine Geschichte, die dazu aufruft, Fremdenhass entgegenzutreten.

Das Buch erscheint im September im Ch. Links Verlag. Mehr Infos hier.

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Antifa-Logik

Am 12. Dezember wollten ein paar Nazis nach Connewitz marschieren, um den linken Stadtteil in Schutt und Asche zu legen. Doch sie wurden in die Südvorstadt umgeleitet und so stark vom Gegenprotest abgeschirmt, dass sich militante Antifaschisten stattdessen eine Straßenschlacht mit der Polizei lieferten. Seitdem wird hysterisch über den Tag diskutiert. Die kreuzer-Redakteure Juliane Streich und Tobias Prüwer haben erst einmal tief durchgeatmet und sich dann gefragt:

Waren die brennenden Barrikaden und die Steinwürfe völlig sinnlos?

JA

Okay, gegen Gewalt zu sein, ist natürlich erst mal einfach. Sind schließlich alle – vom Bürgermeister, der extra ein Transparent ans Rathaus hängt, bis zum gemeinen LVZ-Leser, der extra einen Leserbrief schreibt. Da ich nun aber selten derselben Meinung bin wie der OBM und noch viel seltener der des LVZ-Leserbriefschreibers, dafür oft der von Antifaschisten, Kapitalismusgegnern und Polizeikritikern, ist es halt doch nicht so einfach. Denn dahin zielte ja die Gewalt von #le1212: gegen Nazis, gegen den Staat und seine Polizisten, gegen Banken.
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Nazis raus?

Mit Legida laufen Rechtsradikale und Hooligans über den Ring
War das jetzt ein guter Abend? Oder ein bitterer? Nach dem zweiten Aufmarsch von Legida ist das Fazit gespalten. Zwar konnte Legida nicht wie angekündigt 40.000 Menschen auf die Straße locken, aber wer hätte das wirklich erwartet? Dennoch liefen Tausende, unter ihnen viele Neonazis und gewaltbereite Hooligans, unter massivem Polizeischutz auf dem Ring entlang. Ihnen waren die Gegendemonstranten zahlen- und krachmäßig überlegen.
Am Anfang sieht es so aus, als könnte es klappen mit der Blockade. In der Querstraße beim Wintergartenhochhaus stehen hunderte Menschen, die Legida-Leute nicht durchlassen wollen. Immer wieder stellen sie sich ihnen entgegen, rufen »Haut ab« oder »Wir sind die Mauer, das Volk muss weg«. Nur einzelne Legidisten kommen mit Hilfe der Polizei durch, die Spaliere durch die blockierende Masse bildet. Übers Telefon kommen Meldungen, dass der Beginn der Legida-Demo verschoben wird. Zu wenige Menschen auf dem Augustusplatz.

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Ein Lied mit Brücken

Was Masur, Schmidt und Maffay über die Kraft der Musik sagen können
»Musik ist sehr vielfältig«, sagt Burkhard Jung, und wie recht er hat, wird an dem Abend zum Thema »Die Kraft der Musik« nicht deutlich. Es geht aber auch nicht wirklich um Musik. Wie soll es auch, wenn die drei Podiumsgäste Kurt Masur, Helmut Schmidt und Peter Maffay heißen?
Dem Publikum ist es aber auch völlig egal, worum es hier geht. Irgendwas mit 89. Die Peterskirche ist ausverkauft. Viele haben Briefe geschrieben, in denen sie ihre eigenen Geschichten erzählen. »Leider kann Peter Maffay sie nicht alle persönlich beantworten«, erklärt Veranstalter und Moderator Sascha Hellen. Das täte ihm aber sehr leid.
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Früher war mal mehr Lobbyismus

Wenn man einen Tag auf dem Bundesparteitag der SPD mitmacht, merkt man schnell: Die Partei ist am Ende. Und man selbst auch. Ein Erlebnisbericht.

Ein Vater singt mit seinem Sohne – beide in rote Hemden gekleidet – linke Volkslieder. Auf einer für diesen Zweck überdimensionalen Bühne, eine Revue zu 150 Jahren SPD soll das werden. Etwa eine Person hört zu, die von den Vortragenden mit Namen angesprochen wird, ob sie mal das Wasser von dem Stand da hinten holen können. Zehn Minuten später sprengt die Zahl der Menschen auf der Bühne die davor noch eindeutiger. Völker, hört die Signale. Unter einer Decke versteckt sich nun eine Gruppe, die glücklicherweise von einem Sozialdemokraten mit Zauberzylinder gerettet wird. Weiterlesen

Wir sind nicht rechts, aber …

Nachdem der Plan für den Bau einer Moschee bekannt wurde, soll sich nun in Gohlis eine Bürgerinitiative dagegen gründen. Ein angekündigtes Treffen fand nicht statt, doch brüllten alle schon mal laut. Auch die Neonazis.

Es ist schon dunkel in Gohlis an diesem Mittwochabend um halb acht. Vor dem Gohlis-Center steht eine Menschentraube, 70 Leute etwa. Die Polizei ist da, sogar ein Kamerateam von Spiegel TV. Wer nicht da ist: ein Veranstalter. Jemand der sagt, was eigentlich los ist. Eigentlich war hier ein Treffen angekündigt, bei dem eine Bürgerinitiative gegen den geplanten Bau einer Moschee gegründet werden sollte. Die Ahmadyya-Gemeinde hatte letzte Woche bekannt gegeben, an der Ecke Georg-Schumann-Straße/Bleichertstraße eine Moschee bauen zu wollen, Baubürgermeisterin Dubrau signalisierte Zustimmung für den Bau.

»Aber warum denn gerade hier?«, fragt eine Bürgerin irgendwen, der gerade neben ihr steht. Da scheinbar heute doch keine Bürgerinitiative gegründet wird, man aber nun schon mal da ist, wird sich untereinander Luft gemacht. Mit »Uns hat keiner gefragt«, »Wir wussten von nichts«, »Immer über unsere Köpfen hinweg« äußert sich der Unmut darüber, dass man aus der Zeitung von den Plänen der Muslime erfahren musste. Und dass der jetzt geplante Standort ja nun gar nicht ginge. »Da ist eine Schule daneben!«, wiederholt eine Frau immer wieder. »Eine Schule!« Eine andere verweist darauf, dass da nicht nur eine Schule daneben sei, sondern auf der anderen Seite auch noch die Burschenschaften. »Da ist doch Krawall vorprogrammiert.« Weiterlesen

Where are we now?

Auch wenn man seit 30 Jahren im Osten lebt, hat man keine Ahnung, was hier los war. Weil es kaum thematisiert wird, wenn man nicht »Opa erzählt vom Krieg« spielt oder die SuperIllu liest. Ein Beitrag in der Reihe „Wir Zonenkinder? Suchbewegungen zwischen Ostalgie und Retro“.

Ich weiß genau, wann Benno Ohnesorg erschossen wurde: 2. Juni 1967. Ich kenne dieses Datum auswendig, weil ich es schon so oft gehört und gelesen habe. In Dokumentarfilmen oder in Feuilleton-Artikeln. Ich weiß ziemlich gut Bescheid über die 68er-Studentenbewegung, über die RAF, über Minister in Turnschuhen. Ich kenne die Texte von NDW-Hits auswendig, die von Rio Reiser sowieso. Ich habe das Foto von Willy Brandts Kniefall gefühlte tausendmal gesehen, ich habe Helmut Schmidts Meinung zu irgendwas so oft gelesen, dass ich schon überlege, Die Zeit abzubestellen. Wenn ich mich konzentriere, kann ich alle Bundeskanzler seit Adenauer aufzählen. Ich wurde seltsam nostalgisch, als ich David Bowies Video zu »Where are we now« sah, dabei war ich 1977 noch lange nicht geboren, geschweige denn nightclubbing unterwegs. Als Teenagerin habe ich Christiane F.s »Kinder vom Bahnhof Zoo« verschlungen. Die BRD ist mir kein Rätsel, sie ist ein offenes, schon sehr oft durchgeblättertes Buch für mich.

Kling Klang im Wiener Walzer-Schritt

Ich kenne hingegen keinen Namen eines Mauertoten. Ich weiß, dass Wolf Biermann ausgebürgert wurde, seine Lieder kenne ich nicht. Um alle Staatsoberhäupter der DDR aufzuzählen, bräuchte ich wohl eher ein Smartphone als ein bisschen Konzentration. Ich habe kaum einen DEFA-Film gesehen und kann mich nicht erinnern, dass überhaupt einer in diversen »Die besten Filme der letzten Jahre«-Reihen vorkam. Ich singe Keimzeits »Kling Klang« zwar laut mit, wenn ich betrunken bin, aber wenn ich verkatert bin, höre ich Element Of Crime. Ich kenne das Bild, wie Honecker einen Russen küsst. Aber wie hieß der gleich? Und was haben die Leute im Osten eigentlich in den 70ern gemacht – außer sich gegenseitig abgehört und verpetzt, außer für Bananen angestanden, außer nackt zu baden, wie es die wenigen Geschichten, die erzählt werden, gerne wiederholen? Weiterlesen

Wenn Altmaier sein Handy aushat

Das Leistungsschutzrecht am Beispiel von Heldenstadt

»Entschuldigung, aber die Seite konnte leider nicht gefunden werden.« So steht es da, wenn man auf heldenstadt.de versucht, die Beiträge aus den letzten Wochen und Monaten aufzurufen. Grund dafür ist das Leistungsschutzrecht für Presseverlage (LSR), dem am Montag nun auch der Bundesrat zugestimmt hat und wegen dem die Macher des Blogs befürchten, Post von Anwälten zu kriegen. Und darauf, erklärten sie, »haben wir keinen Bock«.

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